21. Juni 2011
ENDE OHNE TRÄNEN.Die Karriere von Sybille Bammer ist beendet. Die 31-jährige Oberösterreicherin musste sich der Rumänin Monica Niculescu in der 1. Runde von Wimbledon am Montag nach nur 46 Minuten glatt mit 1:6,1:6 geschlagen geben. Bammer, die sich ihr letztes Preisgeld auf der Tour in Höhe von 11.500 Pfund gesichert hat, wird nun nur noch auf Bundesliga-Niveau im Einsatz sein. Bei Bammer überwog danach die Erleichterung, von Tränen der Wehmut war keine Spur. "Ich bin schon froh, dass das jetzt alles ein Ende hat und ich mich auf mein Privatleben konzentrieren kann", sagte die 31-jährige Oberösterreicherin nach ihrem letzten Auftritt auf großer Bühne. Nach dem Matchball gab es keine großen Gesten oder traurige Blicke. Bammer verließ den Platz schnell und mit einem Lächeln. "Ich habe sicher viele Fehler gemacht, aber auch ein paar ganz gute Entscheidungen getroffen. Im Großen und Ganzen habe ich ein paar ganz gute Jahre gehabt", blickte Bammer zurück. Hätte sie nicht mit 21 ein Baby bekommen, wäre sie wohl nie so weit gekommen, meint sie heute. Danach ist sie bis auf Platz 19 im WTA-Ranking geklettert, hat zwei Turniere gewonnen und hat eine Serena Williams in beiden Begegnungen bezwungen. Absoluter Höhepunkt war das US-Open-Viertelfinale 2008.
16 JAHRE ON TOUR, 8 JAHRE IM BETT. Körperlich haben die Jahre auf der Tour durchaus Tribut gezollt. "In der Früh tut mir meistens die Achillessehne weh, dann oft die Hüfte und auch die Schulter immer wieder. Manchmal gibt es Nächte, da kann ich auf der linken Seite nicht schlafen wegen der Schulter, rechts nicht wegen der Hüfte und am Bauch nicht wegen dem Nacken. Also bleibt nur noch der Rücken", erzählte sie lachend. Völlig ausgesorgt hat sie nicht, aber nur zurücklehnen will sich Bammer sowieso nicht. "Ich muss nicht gleich unbedingt sofort arbeiten gehen. Aber man braucht doch im Leben Aufgaben, die einen Sinn machen." Das Leben zu Hause in Ottensheim wird sie genießen und auch die Nächte im eigenen Bett. "Man kann ungefähr sagen, dass ich in den letzten 16 Jahren mehr als acht Jahre im Hotel verbracht habe."
TENNIS & FAMILIE. In einem Interview mit dem Magazin tennis sports nur wenige Tage vor ihrem ersten und letzten Aufschlag in Wimbledon hatte Bammer kurze Blicke hinter ihre Kulisse als "trainingsverliebte" Tennismama zugelassen.
Ich bin stolz darauf, dass …
… ich Tennis und Familie unter einen Hut gebracht habe.
Würde ich als Tennisprofi eine zweite Chance bekommen, dann …
… würde ich mir von der Jugend an ein professionelles Umfeld schaffen.
Das letzte Mal, als ich für einen Tennisplatz bezahlen musste, …
… war letzten Dezember in der Halle.
Das letzte Mal, als ich mich für Eintrittskarten angestellt habe, …
… war letzten Herbst bei meinen Heimatclub in der Bezirksliga Nord.
Das letzte Mal, als ich einen Flug verpasst habe …
… war beim letzten Turnier in Miami.
Hätte ich für ein Jahr lang die Entscheidungsgewalt eines Politikers, …
… dann würde ich unser Sozialsystem ändern und die Steuern senken.
Wen ich zuletzt nach einem Autogramm gefragt habe …
… das war Alberto Tomba vor 15 Jahren am Flughafen in Tokio.
Wann ich das letzte Mal den Geburtstag eines Familienmitglieds oder guten Freundes vergessen habe …
… das ist mir Gott sei Dank noch nie passiert.
Das letzte Mal, als ich von der Schuldirektorin meiner Tochter Tina zu einem Gespräch gebeten wurde, …
... das war noch nie.
Das letzte Buch, das ich gelesen habe …
… "Optimisten leben länger"
Das letzte Begräbnis, das ich besucht habe, …
… war das von meiner Großmutter.
Das letzte Mal, als ich im Haus als Handwerkerin unterwegs …
… war jetzt zuletzt im April.
Das letzte Mal richtig ungesund gegessen habe ich …
… schon viel zu oft.
Mit dieser Berühmtheit bzw. mit diesem Menschen, gleichgültig ob tot oder lebendig, würde ich einmal am Tennisplatz stehen …
… mit niemanden.
(Quelle: APA/red.)